Im ersten Teil dieser Blogserie haben wir die wissenschaftlichen Hintergründe zu Atemübungen als Behandlung von Long COVID bewertet. Angepasst an individuelle Bedürfnisse, kann Atemarbeit die Lungenkapazität und die Atemmuskelkraft verbessern, sich positiv auf das körperliche und geistige Wohlbefinden auswirken und einen beruhigenden Effekt auf das vegetative Nervensystem haben.
Atemtraining-Apps können dabei helfen, Atemübungen in den Alltag einzubauen, Einblicke in verschiedene Übungstypen zu geben und Patientinnen bei den Übungen anzuleiten. Wir haben eine Auswahl von Atemtraining-Apps ausgewählt und basierend auf ihren Funktionen, der allgemeinen Nutzererfahrung und dem Feedback der Nutzer bewertet.
Im zweiten Blogbeitrag haben wir drei kostenlose Apps vorgestellt, die Unterstützung für einfache Atemübungen bieten. Sie sind einfach zu bedienen und anpassbar, bieten aber wenige Hintergrundinformationen und Anleitung.
Im dritten Blogbeitrag wurden zwei kostenpflichtige Apps vorgestellt, die ein breites Spektrum an Übungen und Informationen enthalten. Beide Apps haben eine begrenzte kostenlose Version, aber die Nutzer müssen ein Abo abschliessen, um auf das gesamte Spektrum der Inhalte zugreifen zu können.
In diesem Blogbeitrag befassen wir uns mit zwei kostenpflichtigen Atemtraining-Apps, die speziell dafür entwickelt wurden, Long COVID Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Symptome zu helfen.
Lungy für iOS
Die Entwicklung der Lungy-App wurde während der COVID-19-Pandemie initiiert und vom National Institute of Health Research (NIHR) im Vereinigten Königreich unterstützt. Sie nutzt eine patentierte Technologie zur Detektion der Atmung, die dabei helfen kann, tägliche Atemübungen besser zu gestalten. Ziel ist es, die Plattform zu einem Managementinstrument für Menschen mit Atemproblemen durch Asthma, COPD oder Long COVID zu entwickeln. Zur Bestätigung der Wirksamkeit sind klinische Studien geplant.
Die App kann in Echtzeit auf die Atmung des Nutzers reagieren und wurde entwickelt, um Angstzustände und Stress abzubauen sowie die Schlafqualität und die körperliche Fitness zu verbessern. Sie verwendet von der Natur inspirierte Bilder, um die Nutzererfahrung zu verbessern. Für Long COVID Betroffene, die besonders empfindlich auf visuelle Reize reagieren, kann das Bildmaterial der vordefinierten Übungen etwas überfordernd sein. Es ist jedoch möglich, eigene Atemübungen zu erstellen.
Ausserdem enthält die App einige Lernmodule zur Nutzung der App, zur Schlafqualität, zur Atmung im Allgemeinen und zum Umgang mit Angstzuständen (die Lernmodule sind derzeit nur auf Englisch verfügbar). Es ist möglich, Lungy mit Apple Health zu verbinden, um den eigenen Fortschritt mit der App zu verfolgen.
Lungy ist für iOS in verschiedenen Sprachen erhältlich (Englisch, Französisch, Deutsch, Indonesisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Portugiesisch, vereinfachtes Chinesisch, Spanisch, Türkisch). Die Angebote in der kostenlosen Version sind sehr limitiert, der Grossteil der Übungen ist in der Premium-Version für 17 CHF/Jahr erhältlich.
Da Lungy speziell entwickelt wurde, um Menschen mit Atemproblemen zu helfen, kann es Long COVID Betroffene, die von Atemübungen profitieren, eine wichtige Unterstützung bieten. Es ist ratsam, zunächst die kostenlose Version auszuprobieren, um herauszufinden, ob die Bild- und Soundeffekte gut vertragen werden.
Die Premium-Version bietet viele zusätzliche Übungen zu einem akzeptablen Preis im Vergleich zu anderen Atemtraining-Apps auf dem Markt. Die zukünftige Entwicklung könnte neue Funktionen bringen, die auf die speziellen Bedürfnisse von Long COVID Betroffenen zugeschnitten sind.
MeoHealth
Die MeoHealth-App wurde von Experten des Mount Sinai Hospital in New York speziell für Long COVID Betroffene entwickelt und basiert auf einer Studie, die bei Long COVID Betroffenen eine signifikante Verbesserung der selbstberichteten Behandlungserfolge und des Wohlbefindens durch die Resonanzatmung festgestellt hat.
Es ist nicht möglich, die App ohne ein Nutzerkonto zu nutzen. Nach der Anmeldung wird eine erste Bewertung des aktuellen Gesundheitszustands und der Long COVID Symptome durchgeführt. Auf die eigentlichen Inhalte kann nur nach Abschluss eines Abos zugegriffen werden, es gibt keine kostenlose Version.
Die Physiotherapeutin Katja Rüegg vom Stadtspital Zürich, Triemli hat die App für Altea getestet.
MeoHealth bietet ein strukturiertes 12-wöchiges Atmungsprogramm, das wie folgt abläuft:
- Woche 1 und 2: 2x 5 Minuten
- Woche 3 und 4: 2x 10 Minuten
- Wochen 5-8: 2x 15 Minuten
- Wochen 9-12: 2x 20 Minuten
Das Programm konzentriert sich ausschliesslich auf die 4/6-Atemtechnik, mit wöchentlichen Audio-Inhalten zu spezifischen Atemthemen wie CO2 Toleranz, Einführung in das Summen und Achtsamkeitsatmung. Die Atemintervalle können nicht individuell angepasst werden, und die Variabilität der Übungen ist begrenzt.
MeoHealth kann Herzfrequenzvariabilitäts (HRV)-Werte von verschiedenen externen Wearables importieren, darunter Apple Health, Fitbit, Garmin, Google Fit, Oura, Samsung Health und Whoop. Das erleichtert das tägliche HRV-Tracking, allerdings lassen sich die importierten Daten nicht direkt in das Atmungsprogramm integrieren.
Für die morgendlichen und abendlichen Atemsitzungen können Push-Erinnerungen eingestellt werden, die den Nutzenden helfen, eine konsistente Praxis beizubehalten. Die App ermöglicht auch die tägliche Erfassung von Symptomen mit einer Skala von 1 bis 5, so dass die Nutzenden eine breite Palette von Symptomen in Kategorien wie neurologisches, emotionales, respiratorisches, kardiovaskuläres, gastrointestinales, muskuloskelettales und allgemeines Wohlbefinden überwachen können.
Die «Expert Series» in der App enthält kurze Audioclips von Spezialisten wie David Putrino, Jamie Wood und Jenna Tosto zu Themen rund um das autonome Nervensystem (ANS), die Atmung und die HRV. Zusätzlich bietet die App Lesematerial und ein Einzelcoaching über WhatsApp, das rund um die Uhr Unterstützung durch einen menschlichen Coach für Motivation, Anleitung und emotionale Unterstützung bietet.
Das Design der App ist schlicht und professionell und macht einen ansprechenden, aber nicht zu anregenden Eindruck. Allerdings lassen sich die Soundeffekte während der Atemübungen (z. B. binauraler Ton) nicht einzeln abschalten. Zusätzlich enthält die App geführte Sitzungen, bei denen die Atemsequenzen von einem Audio-Guide begleitet werden.
MeoHealth ist für iOS und Android kostenpflichtig erhältlich. Der Preis beträgt 80 CHF/Jahr für das Early-Bird-Abonnement und steigt danach auf 100 CHF. Die Sprache der App ist Englisch.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass MeoHealth eine wissenschaftlich fundierte App ist, die umfangreiche Funktionen zur Überwachung von Atmung und Symptomen bietet. Das strukturierte Programm und die Experteninhalte können sie zu einem wertvollen Werkzeug für Long COVID Betroffene machen.
Im Vergleich zu anderen Atemtraining-Apps, die ähnliche Programme anbieten, ist MeoHealth recht teuer. Der höhere Preis kann jedoch durch den wissenschaftlicheren Ansatz und die kontinuierliche Weiterentwicklung der App und des Inhalts gerechtfertigt werden.
Wenn ihr bereits gute Erfahrungen mit Atemtraining-Apps gemacht habt, teilt diese gerne im Altea Forum mit anderen Long COVID Betroffenen und tauscht euch aus, welche App die meisten Vorteile bringt.