Sexualhormone und Long COVID Teil 3: Reproduktive Gesundheit im Mann

Sexualhormone und Long COVID Teil 3: Reproduktive Gesundheit im Mann

Aus unserer Community: Diese neue Serie fasst die Auswirkungen von Long COVID auf Fruchtbarkeit und Sexualhormone zusammen. Im dritten Teil geht es um die Auswirkungen von COVID-19 auf die Hodengesundheit, den Testosteronspiegel und die männliche Fruchtbarkeit.

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Lesen Sie Teil eins und zwei der Serie.

 

Epidemiologische Daten aus dem COVID-19-Ausbruch zeigten eine höhere Prävalenz und einen höheren Schweregrad von akutem COVID-19 bei Männern, was auf einer höheren Anfälligkeit, einem aggressiveren Verlauf und höheren Sterblichkeitsraten beruht. Die Long COVID-Raten sind jedoch bei Männern deutlich niedriger. Dies könnte auf Unterschiede im Immunsystem von Männern und Frauen zurückzuführen sein, wie wir bereits erläutert haben.

 

In einer kürzlich veröffentlichten Meta-Analyse wurden die Ergebnisse von 16 Veröffentlichungen über COVID-19 auf die Hodenfunktion zusammengefasst. Die Autoren führten eine Meta-Analyse über 1250 Patienten mit aktiver oder kürzlich erfolgter COVID-19-Infektion und 1232 vergleichbaren gesunden Kontrollpersonen durch. Die Publikationen untersuchten Patienten in einem Zeitraum von der akuten Infektion bis zu 80 Tagen danach. Dieser kurze Zeitraum umfasst kaum den Übergang von der akuten Infektion zu Long COVID. Welche Effekte während Long COVID anhalten, lässt sich daher nicht feststellen. Die kurzfristigen Informationen geben jedoch Hinweise darauf, was für einen längeren Zeitrahmen erforscht werden sollte.

 

Die Meta-Analyse deutet auf einen Zusammenhang zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und einer primären Hodenschädigung hin, die durch eine veränderte Steroidogenese (Bildung von Steroidhormonen) und eine gestörte Spermatogenese (Produktion von Samenzellen) angezeigt wird.

 

Beeinträchtigte Produktion von Samenzellen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Spermienkonzentration, die Gesamtzahl der Spermien und die Gesamtbeweglichkeit (Motilität) der Spermien bei COVID-19-Patienten im Vergleich zu den Kontrollpersonen deutlich geringer waren. Darüber hinaus ist bekannt, dass Fieber bei jeder Krankheit die Spermienqualität negativ beeinflusst. Wichtig ist, dass in keiner der Studien SARS-CoV-2-mRNA direkt im Sperma infizierter Patienten nachgewiesen wurde, was auf ein geringes Risiko einer sexuellen Übertragung des Virus schließen lässt.

 

Semen Analysis High Res

Sperma-Analyse: Es wird die Anzahl der Samenzellen (Sperm Count) und die Bewegungsfähigkeit (Motility) bestimmt. (Quelle: Adobe Stock)

 

Die Spermatogenese ist der Prozess der Entwicklung von Samenzellen, der in den Hoden stattfindet. An diesem Prozess sind mehrere wichtige Zelltypen beteiligt, z. B. Leydig-Zellen und Sertoli-Zellen.

Leydig-Zellen produzieren Testosteron. Testosteron ist entscheidend für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Spermatogenese und fördert die Reifung der Spermien. Sertoli-Zellen bieten den sich entwickelnden Spermien strukturelle Unterstützung und Nährstoffe. Sie bilden auch die Blut-Hoden-Schranke, die die spermatogenen Zellen vor Autoimmunangriffen und schädlichen Substanzen schützt.

Eine mögliche Erklärung für die Auswirkungen von COVID-19-Infektionen auf die männliche Reproduktionsgesundheit liegt in dem Enzym ACE2.

ACE2 ist auf Zellen der Lunge, der Schilddrüse, dem Herzen und anderen Organen zu finden, aber auch in den männlichen Hoden. SARS-CoV-2 und andere Coronaviren haben eine hohe Affinität für ACE2. Diese Wechselwirkung erleichtert letztlich das Eindringen des Virus in ACE2-exprimierende Zellen.

In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2021 wurde die Hypothese geprüft, dass Männer eine höhere ACE2-Serumaktivität aufweisen, was ein Grund dafür sein könnte, dass Männer anfälliger für schwere akute Coronavirus-Infektionen sind. Obwohl diese Hypothese nicht vollständig bewiesen ist, haben die Autoren beobachtet, dass die ACE2-Aktivität bei Männern mit Bluthochdruck und Herzinsuffizienz erhöht ist, welche beide als Risikofaktoren für einen schlechten Krankheitsverlauf gelten.

Auch Sexualhormone scheinen den ACE2-Spiegel zu beeinflussen. Die Entfernung der Eierstöcke bei Frauen erhöhte die ACE2-Aktivität, während die Entfernung der männlichen Hoden zu einem Rückgang führte.

Diese Beobachtungen und die Tatsache, dass ACE2 auf Leydig- und Sertoli-Zellen in den Hoden exprimiert wird, deuten darauf hin, dass die Interaktion zwischen SARS-CoV-2 und ACE2 ein möglicher Weg für das Virus in die Spermatogenese ist. Sollte sich die Hypothese bestätigen, könnte man von einer möglichen Störung des Fortpflanzungssystems ausgehen, solange das Virus im Körper verbleibt.

 

Testicular Function

SARS-CoV-2 kann in Sertoli- und Leydig-Zellen eindringen und die Spermien- und Testosteronproduktion schädigen. (Quelle: Cannarella et al.)

 

Testosteronspiegel

Mehrere Studien haben über schlechtere Ergebnisse bei Patienten mit vorbestehendem Testosteronmangel berichtet, einschließlich einer längeren Krankheitsdauer und längerer Aufenthalte auf der Intensivstation. Es bleibt unklar, ob Testosteronmangel eine Ursache oder eine Folge von COVID-19 ist. COVID-19-Patienten wiesen jedoch niedrigere Werte von Gesamttestosteron und follikelstimulierendem Hormon auf. Darüber hinaus waren in männlichen COVID-19-Patienten die Werte von Hormonen wie Östradiol und Prolaktin erhöht, welche in der Regel nur bei Frauen in höherer Konzentration vorkommen.

In einer Publikation wurde eine hohe Prävalenz erektiler Dysfunktion im dritten Monat nach der Genesung von COVID-19 festgestellt, es wurden jedoch keine Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt. Auch pharmakologische Eingriffe während der Akutinfektion, insbesondere durch entzündungshemmende Therapien, können die Hormonsekretion unterdrücken. Dies ist bei Männern und männlichen Ratten beobachtet worden.

 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es zwar Untersuchungen über die kurzfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die männliche Fortpflanzungsfähigkeit gibt, aber keine Langzeitstudien. Obwohl Long COVID bei Männern seltener vorkommt, besteht für alle Geschlechter dringender Forschungsbedarf.

 

Dies war Teil drei der Serie. Lesen Sie Teil eins und zwei über die Auswirkungen von Long COVID und verwandten Krankheiten auf die weibliche Reproduktionsgesundheit. In dieser Serie erfahren Sie mehr über die Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheit von Transgender-Personen und darüber, dass der Testosteronspiegel bei allen Geschlechtern eine Rolle spielen könnte.