Pacing Apps für Smart Watches – Teil 1

Pacing Apps für Smart Watches – Teil 1

Für Menschen die in Folge von Long COVID oder ME/CFS unter Post-excertional Malaise (PEM) leiden, ist Pacing zentral zur Vermeidung von Crashs. Eine Pacing App für die Smart Watch kann helfen die eigenen Grenzen besser einzuhalten.

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Pacing steht im Zentrum der Behandlung vieler post-viraler Erkrankungen, wie Long COVID sowie anderer Erkrankungen die mit einer Fatigue und/oder Belastungsintoleranz (PEM, Post-excertional Malaise) einhergehen, zum Beispiel Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS).

Bei Personen, die unter Fatigue leiden kann Pacing helfen, die zur Verfügung stehende Energie besser einzuteilen und mit dem gezielten Einsatz von Ruhephasen und Pausen, alltägliche Tätigkeiten und Aufgaben angehen zu können.

Wenn eine Belastungsintoleranz vorliegt, ist Pacing essenziell, um Crashs zu vermeiden. Dafür dürfen die individuellen Grenzen nie überschritten werden und körperliche, kognitive und emotionale Anstrengungen müssen gut eingeteilt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass Fatigue und PEM gleichzeitig auftreten können, aber beide Symptome auch individuell vorkommen.

  • PEM-Betroffene können, ohne dass eine generelle Erschöpfung/Müdigkeit vorliegt, nach gewissen Anstrengungen Crashs erfahren. Auch die Art der Anstrengung, die dabei zum Crash führt, kann sich unterscheiden. Einige Betroffene reagieren besonders stark auf kognitive Anstrengungen, während andere nur durch körperliche Belastung einen Crash erfahren.
  • Fatigue-Betroffene fühlen eine permanente Müdigkeit und Erschöpfung, die sich auch durch Ruhe und Schlaf nicht verbessert. Bei einigen Betroffenen ist diese Erschöpfung gleichbleibend. Wenn zusätzlich PEM vorliegt, führen Anstrengungen zu einer starken Verschlimmerung der Symptome, einem Crash.

 

Um die eigenen Grenzen besser einschätzen zu können, kann das Überwachen der Herzfrequenz beim Pacing unterstützen. Sobald eine gewisse Herzfrequenz bei einer Tätigkeit überschritten wird, sollte eine Pause eingelegt werden.

Diese Pausen können je nach Zustand der Betroffenen stark unterschiedlich ausfallen. Für Betroffene, die nur leichte Symptome bei körperlicher Anstrengung haben und sogar in der Lage sind sich sportlich zu betätigen, kann eine Pause bedeuten, sich bei Überschreitung der selbst gesetzten maximalen Herzfrequenz kurz hinzusetzen.

Bei Personen, bei denen Crashs hauptsächlich durch kognitive Anstrengung ausgelöst werden, kann z.B. eine Pause bedeuten, nach dem Lesen einige Minuten mit geschlossenen Augen und ohne Geräusche sitzen zu bleiben.

Bei besonders schwer betroffenen Personen kann bereits für kurze Zeit aufrecht zu sitzen eine Überanstrengung bedeuten und den Puls in die Höhe treiben, sodass eine Ruhephase im Liegen mit möglichst wenigen Umgebungseinflüssen (keine Geräusche, kein Licht, optimale Temperatur etc.) nötig ist.

Es ist besonders schwierig die Ursache für Crashs zu finden, da diese häufig erst viele Stunden später auftreten.

Gesunde Menschen nehmen Erschöpfung nach einer anstrengenden Tätigkeit meist unmittelbar wahr. Das macht es einfach sich von der Erschöpfung schnell zu erholen oder zu anstrengende Tätigkeiten zu vermeiden, da man die Auswirkungen direkt spürt.

Bei Personen, die an PEM leiden, tritt ein Crash häufig erst einige Stunden oder sogar Tage nach der Anstrengung auf. Das macht es sehr schwierig im Nachhinein nachzuvollziehen, welche Tätigkeit den Crash tatsächlich verursacht hat.

Ein Energie- und Aktivitätentagebuch kann dabei unterstützen Tätigkeiten zu identifizieren, die viel Energie rauben. Allerdings kann das Führen eines solchen Tagebuchs ebenfalls zu Überanstrengung führen. Selbst mit einem detaillierten Tagebuch, ist jedoch oft nicht offensichtlich, welche der notierten Aktivitäten zum Crash geführt hat.

Herzfrequenzmonitoring kann dabei helfen, die Aktivitäten bzw., deren Energiebedarf besser zu bestimmen und im Falle eines Crashs besser beurteilen zu können, was die Ursache war. Wenn die Aufzeichnungen zeigen, dass eine Tätigkeit die Herzfrequenz besonders stark erhöht hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Tätigkeit den Crash ausgelöst hat.

In der Schweiz wird an 2 Apps für Smartwatches gearbeitet, die beim Herzfrequenzmonitoring helfen können

Beim Herzfrequenzmonitoring können Fitnessuhren oder Smartwatches, die kontinuierlich den Puls am Handgelenk messen und aufzeichnen, helfen. Derzeit gibt es in der Schweiz zwei Apps, die bei der Überwachung unterstützen können.

 

Der MindfulPacer der Uni Zürich

Zwei Forscher aus Zürich, André Meyer-Baron und Carlo Cervia-Hasler arbeiten an der Entwicklung einer Pacing App in Verbindung mit einer Smartwatch-Anwendung. Die App befindet sich noch in der Pilotphase und derzeit wird das Feedback von Vertretern der Patientenorganisation Long COVID Schweiz, die die Anwendung in einer Testphase geprüft haben, umgesetzt.

Der MindfulPacer verbindet ein Energie- und Aktivitätstagebuch mit kontinuierlichem Herzfrequenzmonitoring. In der App können Betroffene Tagebuch über ihre täglichen Aktivitäten führen, jeder Aktivität ein entsprechendes Energielevel zuweisen, und angeben, wie sie sich beim Ausführen der Aktivität gefühlt haben. Gleichzeitig wird durch die Smartwatch-Applikation die Herzfrequenz aufgezeichnet und zeitlich der jeweiligen Aktivität zugeordnet.

So können Betroffene später in der Statistik sehen, welche Aktivität zu welcher Tageszeit wie viel Energie verbraucht hat und wie dabei ihre Herzfrequenz beeinflusst wurde. Dadurch wird es leichter herauszufinden, welche Aktivitäten besonders energieraubend und wo Pausen nötig sind.

 

Handyscreenshots

Screenshots der MindfulPacer Applikation.

 

Besonders bei Aktivitäten, die ein positives Gefühl bringen, kann es oft schwierig sein, einzuschätzen wieviel Energie verbraucht wird. Der subjektive empfundene Energieverbrauch kann geringer ausfallen als der tatsächliche.

Besonders in diesen Fällen kann es helfen den Einfluss der Aktivität auf die Herzfrequenz zu überwachen, um den tatsächlichen Energiebedarf genauer zu bestimmen und Crashs zu vermeiden.

Zur besseren Kontrolle der Herzfrequenz können persönliche Alarme eingestellt werden, die beim Überschreiten einer bestimmten Frequenz ein Signal, z.B. durch Vibration oder Farbanzeige auf der Smartwatch, geben. Eine passende Grenze muss hierbei jeder Patient individuell bestimmen.

Die erste Version der App wird für Android Systeme verfügbar sein, eine Übertragung für Apple Geräte und weitere Smartwatch Anbieter ist aber in Arbeit. Die App ist derzeit noch nicht frei verfügbar, wird aber sobald die Testphase abgeschlossen ist, veröffentlicht.

 

Auf eine weitere Entwicklung aus der Schweiz und Anwendungen, die international verfügbar sind, werden wir in Kürze in Teil 2 dieses Blogs eingehen.