Kassensturz: «Long COVID Betroffene werden von der IV im Stich gelassen»

Kassensturz: «Long COVID Betroffene werden von der IV im Stich gelassen»

Eine ernüchternde Stellungnahme der IV zeigt, dass Long COVID Betroffene auch in Zukunft nicht mehr Unterstützung zu erwarten haben. Es fehlt an Kapazitäten, an einer standardisierten Datengrundlage zur Beurteilung und an Einigkeit, welche Abklärungen für Betroffene durchzuführen sind. Altea arbeitet mit der Swiss Insurance Medicine und der movos AG an einer Lösung.

Im gestrigen Kassensturz des SRF wurde die schwierige Lage von Long COVID Betroffenen, die auf eine Unterstützung der Invalidenversicherung (IV) angewiesen sind, thematisiert. Den vollständigen Beitrag können Sie unter diesem Link anschauen.

Im Bericht schildern vier Long COVID Betroffene ihr Schicksal. Menschen, die vor der Infektion aktiv waren und mitten im Leben standen, wurden teilweise bettlägerig und sind auf intensive Pflege und Unterstützung angewiesen. Das alles ohne grössere Aussichten auf eine baldige Besserung, denn die Therapieoptionen sind nicht nur begrenzt, sondern in vielen Fällen auch mit hohen Kosten verbunden.

Diese schwierige Lage wird durch finanzielle Sorgen und eine ausbleibende Unterstützung durch die IV noch verschärft. Die Betroffenen erzählen von extrem langen Wartezeiten, Ablehnungen ohne zugrundeliegendes Gutachten und fehlende Anerkennung von existierenden ärztlichen Befunden. Einigen Betroffenen wird eine Verletzung der Mitwirksamkeitspflicht vorgeworfen, weil Termine krankheitsbedingt nicht wahrgenommen werden konnten.

Der Leiter des Bundesamts für Sozialversicherungen, Florian Steinbacher, nimmt im Kassensturz Stellung zu den Vorwürfen der Betroffenen. Das Fazit jedoch, ist mehr als ernüchternd: IV-Verfahren dauern sehr lange, teils bewusst und auch bedingt durch die aufwendige Prüfung, wem eine Rente tatsächlich zusteht.

«Das IV-Verfahren wird sich in absehbarer Zeit nicht beschleunigen.» so Steinbacher

Aus den Darstellungen wird deutlich, dass die fehlende Standardisierung in der Diagnose von Long COVID ein grosses Problem darstellt. Dies führt zu einem mühsamen Prozess aus zahlreichen medizinischen Abklärungen, die für die Betroffenen teilweise kaum durchführbar sind, häufig zu Crashs führen und dadurch den Gesundheitszustand weiter beeinträchtigen.

Um genau diesem Missstand entgegenzuwirken hat eine Arbeitsgruppe der Swiss Insurance Medicine (SIM) zusammen mit Schweizer Experten den Erfassungsbogen für Post COVID Assessment (EPOCA) entwickelt. Das EPOCA Assessment bietet eine diagnostische Beurteilung von Long COVID, welche medizinische Gutachten vereinfachen und standardisieren könnte. Leider wird das EPOCA Assessment derzeit noch kaum flächendeckend eingesetzt, da es auch auf Seiten der Ärzteschaft an Kapazitäten mangelt.

In Zusammenarbeit mit der SIM und Altea, hat die movos AG die App Altea Care entwickelt. Die App bietet die Möglichkeit das EPOCA Assessment digital durchzuführen. So können Betroffene einen Grossteil dieses umfangreichen Fragebogens zu Hause in ihrem eigenen Tempo durchzuführen. Das Assessment kann jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. So lassen sich Crashs durch anstrengende, lange Konsultationen vermeiden. Die Eingaben der Betroffenen können dann sicher auf digitalem Wege zur Auswertung zu den Behandlern übertragen werden. In einer folgenden Konsultation wird das Assessment dann abgeschlossen.

Diese «Vorarbeit» der Patienten ermöglicht sowohl Behandlern, Vertrauensärzten als auch Gutachtern eine signifikante Zeitersparnis. Gleichzeitig liefert das EPOCA Assessment einen umfassenden Bericht über den Gesundheitszustand der Patienten, der die Datengrundlage für ein objektives Gutachten schafft und Variabilität in der Berichterstattung reduziert.

Während des Beitrags und im Nachgang bestand im Live-Chat zur Sendung zudem die Möglichkeit an vier Fachpersonen Fragen zum Thema zu stellen. Eine der Vorsitzenden der Patientenorganisation Long COVID Schweiz, Manuela Bieri, der Rechtsanwalt Dominik Sennhauser von der Selbsthilfegruppe Procap Schweiz, der Fachanwalt für SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht Sebastian Lorentz und die Fachärztin für Innere Medizin am USB Katrin Bopp beantworteten über 2 Stunden die Fragen von Betroffenen und Angehörigen.