Vor allem zu Beginn der Pandemie wurde über Todeszahlen, Belegung der Intensivstationen und über Neuinfektionen gesprochen. Was deren mittel- und langfristigen Folgen für die Betroffenen, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft bedeuten könnten, wurde wenig diskutiert, so Andreas Seibert.
Fünf Jahre nach Beginn der Pandemie stellen Long COVID und ME/CFS eine grosse Herausforderung für das Gesundheitssystem dar: Nach wie vor fehlt der politische Wille, die Forschung mit den benötigten Geldern auszustatten und die Betroffenen in ihrer oft dramatischen Situation zu unterstützen.
Das Fotobuch «Über Sehen Über Leben» beleuchtet Long COVID und ME/CFS Betroffene auf eine besondere Art. Auf dem Cover des Buches sieht man nur ein schwarzes Rechteck, es steht für die Leere, die zurückbleibt, wenn Menschen aufgrund von unsichtbaren Krankheiten wie Long COVID und ME/CFS aus der Gesellschaft verschwinden.
Die Portraits zeigen die Betroffenen in ihrem häuslichen Umfeld, das sie aufgrund ihrer Erkrankung oft nicht mehr verlassen können. Sie fangen auf bedrückende und ehrliche Weise die Schwere dieser Erkrankung ein. Ganz bewusst stehen den Portraits auf einer Doppelseite keine Texte gegenüber, sie sprechen für sich. Auf den nachfolgenden Seiten wird in ausführlichen Texten auf Deutsch und Englisch die persönliche Erfahrung der portraitierten Person erzählt, basierend auf längeren Gesprächen, die Andreas Seibert mit den Betroffenen geführt hat.
Zwischen den Portraits finden sich Landschaftsaufnahmen aus der Schweiz, die zeigen, was viele Betroffene täglich vermissen. Zudem beschreiben rund 30 Zitate und Gedanken einer ME/CFS Betroffenen Eindrücke und Emotionen, die viele Betroffene kennen.
Abgeschlossen wird das Buch mit drei wissenschaftlichen Beiträgen: zur Pandemie aus Schweizer Perspektive (Prof. Dr. Kaspar Staub), dem aktuellen Forschungsstand zu Long COVID (Prof. Dr. Milo Puhan) und zu ME/CFS (Young EMERG).
Mit über 400 Seiten ist das Fotobuch sehr umfangreich. Alle im Buch portraitierten Personen haben entweder eine ärztlich bestätigte Long COVID oder ME/CFS Diagnose, viele von ihnen in Kombination.
Sichtbar machen, was man nicht sieht.
Seine Arbeit sieht Andreas Seibert als eine Möglichkeit, einer nahezu unsichtbaren Krankheit ein Bild und den Betroffenen eine Stimme zu geben. Sein Buch hat den Anspruch, ein fotografisches Dokument, ein Zeitzeuge für kommende Generationen zu sein.
Mehr Informationen zu diesem Werk sind auf der Webseite www.ueber-sehen-ueber-leben.com verfügbar, wo das Buch ab sofort vorbestellt werden kann; ab der zweiten Aprilhälfte ist es erhältlich und wird in der Reihenfolge der eingegangenen Bestellungen verschickt werden. Im Laufe des Jahres wird es auch in ausgesuchten Buchhandlungen erhältlich sein.