Postvirale Syndrome über Long COVID hinaus - Teil 1

Postvirale Syndrome über Long COVID hinaus - Teil 1

Postvirale Syndrome wie Long COVID sind schon seit langem bekannt. Dennoch mangelt es sowohl in der Forschung als auch in der Ärzteschaft an Verständnis für diese Erkrankungen. Der erste Teil dieser Blogserie befasst sich mit häufigen Symptomen postviraler Syndrome.

Obwohl langanhaltende Gesundheitsprobleme nach bestimmten Virusinfektionen schon seit über hundert Jahren bekannt sind, hat die COVID-19-Pandemie gezeigt, dass wir mehr über die langfristigen Auswirkungen von Infektionskrankheiten lernen müssen.

Fast jedes Virus kann das so genannte postvirale Syndrom auslösen, das Epstein-Barr-Virus, das Cytomegalovirus, das Influenzavirus, das humane Herpesvirus und Enteroviren sind nur einige Beispiele. Das postvirale Syndrom betrifft weltweit Millionen von Menschen und ähnelt den anhaltenden Symptomen, die bei einigen Long COVID-Betroffenen auftreten.

In einer kurzen Blogserie möchten wir die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Long COVID und anderen postviralen Syndromen beleuchten. Der erste Blog wird sich auf die häufigsten Symptome konzentrieren, die mit postviralen Syndromen in Verbindung gebracht werden.

In zwei weiteren Blogs werden das Auftreten und einige Theorien über die Gründe, warum Menschen postvirale Syndrome entwickeln, sowie einige Erkenntnisse über die Diagnose und das Management behandelt.

 

Das postvirale Syndrom umfasst verschiedene Symptome

Das postvirale Syndrom, das auch als postvirale Fatigue bezeichnet wird, umfasst eine Reihe von Symptomen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Depressionen, Schlafstörungen und Schwierigkeiten bei der Ausführung körperlicher Aufgaben. Weitere Symptome können Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Muskelschmerzen und grippeähnliche Symptome sein.

Die Symptome des postviralen Syndroms sind von Person zu Person unterschiedlich und können Wochen oder Monate andauern, auch nachdem sich eine Person von der ursprünglichen Virusinfektion erholt hat. Das postvirale Syndrom kann sich auch nach einer scheinbar leichten Ersterkrankung entwickeln.

 

Das chronische Müdigkeitssyndrom tritt häufig nach Virusinfektionen auf

Die Symptome des postviralen Syndroms sind oft ähnlich, unabhängig von der Art der Infektion, und sie weisen Merkmale einer Erkrankung auf, die als myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) bezeichnet wird. ME/CFS wird in der Regel als Mass für solche anhaltenden Probleme verwendet und geht in erster Linie mit extremer Müdigkeit einher, die durch Schlaf oder Ruhe nicht besser wird.

Bei Menschen mit ME/CFS verschlimmern sich die Symptome auch, wenn sie sich körperlich, geistig oder seelisch mehr anstrengen, als sie es vertragen können (Post-exertional Malaise oder Crash). Diese Schübe können Tage bis Monate andauern und manchmal zu einem irreversiblen Rückgang führen.

Die genaue Ursache von ME/CFS ist nach wie vor unbekannt, und die beteiligten physiologischen Prozesse werden derzeit noch erforscht. Eine neuere Studie hat zum Beispiel gezeigt, dass Energiemangel und Müdigkeit durch eine Störung der Zellatmung in den Mitochondrien, den so genannten "Kraftwerken unserer Zellen", verursacht werden könnten.

 

ME/CFS tritt oft nach einer Virusinfektion auf

Es gibt keinen spezifischen Test für eine eindeutige Diagnose von ME/CFS. Bis zu drei Viertel der Menschen mit ME/CFS berichteten, dass ihre Symptome nach einem Ereignis begannen, das sich wie eine Infektion anfühlte.

Eine norwegische Studie ergab zum Beispiel, dass das Risiko, mit ME/CFS diagnostiziert zu werden, für Menschen, die sich mit dem Schweinegrippevirus infiziert hatten, das für die Schweinegrippe-Pandemie 2009 verantwortlich war, doppelt so hoch war. In einer anderen Studie wurde berichtet, dass Menschen mit einer Infektion durch das Varizella-Zoster-Virus ebenfalls ein höheres Risiko haben, an ME/CFS zu erkranken.

Neuere Studien zeigen, dass Long COVID und ME/CFS etwa 20 Symptome gemeinsam haben und dass beide mehrere Organe betreffen können. Während Long COVID spezifisch auf eine SARS-CoV-2-Infektion zurückzuführen ist, kann eine Vielzahl von Infektionen ME/CFS auslösen. Das Syndrom ist höchstwahrscheinlich die Folge einer unzureichenden Reaktion auf diese Infektionen.

 

Seltene Krankheiten können auf Virusinfektionen zurückgehen

Bestimmte seltene Krankheiten können auch mit Virusinfektionen in Verbindung gebracht werden. Ein Beispiel ist das Guillain-Barré-Syndrom, eine seltene, schwerwiegende neurologische Störung, die im Zusammenhang mit verschiedenen Virusinfektionen, einschliesslich Atemwegs- oder Magen-Darm-Virusinfektionen, aufgetreten ist.

Bei Patientinnen mit Guillain-Barré-Syndrom greift das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise die Nerven an. Zu den ersten Symptomen gehören in der Regel Muskelschwäche und Kribbeln in Händen und Füssen.

Die genaue Ursache des Guillain-Barre-Syndroms ist nicht bekannt, aber zwei Drittel der Patienten berichten über Symptome einer Infektion, die sechs Wochen zuvor auftrat. Dazu gehören Coronavirus, Cytomegalovirus, Epstein-Barr-Virus, Varizella-Zoster-Virus, Grippe und Zika-Virus.