Mein Kind hat Long COVID – was nun? Diese Liste hilft.

Mein Kind hat Long COVID – was nun? Diese Liste hilft.

Eltern von Kindern mit Long COVID müssen sich auf eine neue Situation einstellen. Was tun? Tipps von Eltern, die Erfahrungen gesammelt haben.

Dass Long COVID auch Kinder trifft – wenn auch seltener als Erwachsene –, ist schon länger bekannt. Auch bei ihnen zeigt das Syndrom viele Gesichter: Oft leiden die Kinder oder Jugendlichen unter übermässiger Erschöpfung bereits nach kleiner Anstrengung. Sie haben Mühe, sich zu konzentrieren («Brain Fog»). Die Kinder berichten von körperlichen Schmerzen (Kopf-, Bauch-, Muskelschmerzen) und Schlafproblemen. Auch kognitive Symptome wie Vergesslichkeit, Verwirrtheit und eine verminderte Reiztoleranz gegenüber Lärm und Licht kommen vor. Als Folge der Symptome und der Reduktion sozialer Kontakte leiden die Kinder oft auch psychisch.

Erfahrungen von anderen helfen

Verständlicherweise sind viele Eltern von der neuen Situation zunächst überfordert. Von den Erfahrungen anderer Eltern zu hören und zu lernen, kann eine grosse Unterstützung sein.

In diesem Blog werden deshalb die wichtigsten Tipps von Eltern zusammengefasst. Zum Schutz der Kinder werden keine Namen genannt.

Nehmen Sie Ihr Kind ernst!

Die wichtigsten Sofortmassnahmen:

  • Nehmen Sie Ihr Kind ernst! Sie kennen es am besten: Ob es einfach gerade keine Lust hat, ist etwas ganz anderes, als wenn es krankheitsbedingt nicht kann.
  • Richten Sie sich darauf ein, dass Sie über längere Zeit ein krankes Kind zu Hause haben könnten. Organisieren Sie Betreuung und Unterstützung zu Hause, damit es auch für Sie tragbar ist. Wenn es kürzer dauert, umso schöner!
  • Informieren Sie sich über Pacing (vgl. unseren Ratgeber). Das Kind sollte seine Belastungsgrenze, die nun viel tiefer liegt, nicht überschreiten. Nehmen Sie Druck weg und eichen Sie sich auf einen neuen Massstab. 10 Minuten Lesen können schon zu viel sein. Lassen Sie Ihr Kind das tun, was ihm guttut. Und helfen Sie ihm, sich nicht selbst zu stark unter Druck zu setzen.
  • Vermeiden Sie Auswärtstermine. Falls diese doch nötig sind, legen Sie sie auf eine Zeit, in der Ihr Kind am ehesten dazu in der Lage ist.
  • Informieren Sie sich auch selbst. Viele Ärztinnen und Ärzte haben noch wenig Erfahrung mit Long COVID. Gehen Sie ggf. in eine Spezialsprechstunde in einem Kinderspital.
  • Stellen Sie sich auf unterschiedliche, wechselnde und unregelmässig auftretende Symptome ein. Das ist besonders schwierig, aber es hilft, wenn man weiss, dass es dazugehört. Gute und schlechte Phasen können sich abwechseln.
  • Informieren Sie sich auch über Tipps für Erwachsene mit Long COVID, und vernetzen Sie sich mit anderen Eltern (zum Beispiel über die Altea Community oder die Facebook-Gruppe Long Covid Kids CH).
  • Gegen die Erschöpfung hilft relativ häufig Antihistamin. Das kann in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin niederschwellig und ohne grössere Risiken ausprobiert werden. Nicht alle wirken gleich, deswegen müssen Sie ggf. ausprobieren, bis Sie das Richtige gefunden haben. Nehmen
    Sie das Antihistamin abends ein. Falls Sie einen positiven Effekt spüren, könnte eine (vorübergehend) histaminarme Ernährung ebenfalls hilfreich sein.
Symbolbild «Schulweg»

Was heisst das für Sie als Familie?

  • Der Schlafrhythmus kann gestört sein: Manchmal wird die Nacht zum Tag.
  • Seien Sie kreativ im Alltag. Finden Sie heraus, was Ihnen guttut und Sie als Familie zum Lachen bringt. Humor hilft! Am besten in den Alltag integrieren (z.B. immer einen Comedian schauen vor dem Mittagessen).
  • Laden Sie ab und zu ein Kind wenigstens zum Essen ein. So sehen sich die Kinder, auch wenn zusammen spielen gerade nicht geht. Bieten Sie ein offenes Haus für Freunde, und besprechen Sie Besuche mit Ihrem Kind. Es gibt Zeiten, da ist wochenlang ein persönlicher Kontakt zu anstrengend. Vielleicht liegt dann wenigstens ein Online-Treffen oder Online-Gamen drin.
  • Es lohnt sich, ein Wochenprotokoll zu führen und dabei z.B. mit Farbe die Zustände des Kindes einzuzeichnen (z.B. Schlaf/sehr erschöpft/soso-lala/fit). Notieren Sie Termine und Anlässe (z.B. Besuch), und führen Sie Buch über die Einnahme von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln. So lernen Sie, Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Solche Protokolle sind auch für Therapeuten, Ärztinnen und Lehrkräfte hilfreich. Protokolle helfen ausserdem, Auslöser für Crashes zu entdecken.

Genieren Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen und einzufordern.

Weitere Unterstützung

Viele Unterstützungsangebote sind entweder zu wenig bekannt oder Eltern haben Hemmungen, sie in Anspruch zu nehmen. Informieren Sie sich an Ihrem Wohnort ohne falsche Scheu.

  • Greifen Sie nach Möglichkeit auf Domizilbehandlungen bei Ihnen zu Hause zurück. Das ist für Sie und Ihr Kind eine grosse Erleichterung.
  • Eine Ergotherapie kann beim Energiemanagement helfen. Die Kinderspitex entlastet die Familie. Bei depressiven Phasen kann die psychiatrische Kinderspitex unterstützen.
  • Auch hier geht es um das richtige Mass: Das Kind sollte nicht «übertherapiert» werden, da zu grosse Anstrengungen Rückfälle (Crashes) provozieren können.

Umgang mit Schule und Behörden

Nicht nur Ihr Kind möchte wieder zur Schule. Nach einiger Zeit steigt auch der Druck der Schulbehörden, die Schulpflicht umzusetzen. Es bringt jedoch niemandem etwas, das Kind unter Druck zu setzen und dazu anzuhalten, seine Grenzen wiederholt zu überschreiten. Wenn ein Schulbesuch nicht möglich ist, ist es besser, Einzelschulungen daheim zu organisieren, zum Beispiel zweimal in der Woche. Viele Schulen haben dafür einen Pool von Förderstunden oder Ähnliches zur Verfügung. Pflegen Sie regelmässigen Kontakt mit der Schule und der Behörde, damit alle immer auf dem gleichen Stand sind.

Zukunftspläne schmieden

Zu guter Letzt: Schaffen Sie mental «Corona-freie Zonen» und schmieden Sie Zukunftspläne, so wie Mattia und seine Familie. Das gibt Kraft und Zuversicht.