Aus unserer Community: Vagusnervstimulation durch TENS

Aus unserer Community: Vagusnervstimulation durch TENS

Die Stimulation des Vagusnervs durch transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) wird bei Patientinnen mit Epilepsie oder Depressionen wirksam eingesetzt. Derzeit wird ihr möglicher Einsatz bei Long COVID-Patienten geprüft.

Was ist Vagusnervstimulation durch TENS?

Die Vagusnervstimulation (VNS) mittels transkutaner (durch die Haut) elektrischer Nervenstimulation (TENS) ist ein therapeutischer Ansatz, bei dem der Vagusnerv durch die Haut mit niedriger Spannung elektrisch stimuliert wird. Der Vagusnerv ist ein Hauptbestandteil des parasympathischen Nervensystems, das Teil des autonomen Nervensystems ist. Das autonome Nervensystem steuert unwillkürliche Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung. Es gliedert sich in zwei Hauptzweige: den Sympathikus und den Parasympathikus.

Der Sympathikus wird oft mit der so genannten "Kampf- oder Flucht"-Reaktion (fight-or-flight) in Verbindung gebracht, er regelt die Reaktion des Körpers auf Stresssituationen. Der Parasympathikus wird oft mit der so genannten "Ruhe und Verdauung"-Reaktion (rest-and-digest) in Verbindung gebracht, er ist in Erholungs- und Ruhephasen aktiv und fördert die Entspannung nach der sympathischen Reaktion. Als Bestandteil des parasympathischen Nervensystems ist der Vagusnerv ein wichtiger Vermittler der parasympathischen Reaktion.

Während des TENS-Verfahrens werden Elektroden auf der Haut platziert, in der Regel im Ohr- oder Halsbereich, die auf bestimmte Äste des Vagusnervs abzielen. Über die Elektroden werden dann elektrische Niederspannungsimpulse abgegeben, die den Vagusnerv stimulieren sollen und damit seine Aktivität zu beeinflussen.

 

Die Stimulation des Vagusnervs durch TENS wird zu verschiedenen therapeutischen Zwecken eingesetzt

Die Stimulation des Vagusnervs wirkt sich auf die Freisetzung von Neurotransmittern (biochemische Botenstoffe) wie Serotonin und Noradrenalin aus, die an der Schmerzempfindung beteiligt sind. Ausserdem kann eine Stimulation durch die Wirkung auf den Parasympathikus eine entspannende und stressreduzierende Wirkung haben. Eine Stimulation des Vagusnervs kann sich positiv auf Erkrankungen auswirken, die mit einer Dysfunktion des autonomen Nervensystems verbunden sind. Darüber hinaus wurde die Stimulation des Vagusnervs durch TENS mit entzündungshemmenden Effekten und einer positiven Wirkung auf die Stimmungsregulation in Verbindung gebracht.

Basierend auf diesen Erkenntnissen ist die Vagusnervstimulation in der Schweiz für die Behandlung von medikamentenresistenter Epilepsie und endogener Depression zugelassen (siehe Infobox). Bei Epilepsiepatienten kann sie die Häufigkeit und Intensität von Anfällen verringern, während Patienten mit Depressionen von den Auswirkungen auf die Stimmungsregulation und die Neurotransmission profitieren könnten. Darüber hinaus wurde es für die Behandlung von chronischen Schmerzen (z. B. bei Fibromyalgie oder Migräne) und entzündlichen Erkrankungen diskutiert. Die Forschung in diesen Bereichen ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Es ist wichtig festzuhalten, dass die Stimulation des Vagusnervs durch TENS zwar für verschiedene Anwendungen vielversprechend zu sein scheint, dass aber noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind, um die Mechanismen vollständig zu verstehen und den Einsatz bei verschiedenen Erkrankungen zu optimieren. Ausserdem sollte die Anwendung dieser Therapie unter der Aufsicht von qualifiziertem medizinischem Fachpersonal erfolgen.

 

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Lage des Vagusnervs und Darstellung der mit ihm verbundenen Organe.

 

Welche möglichen Auswirkungen hat die Stimulation des Vagusnervs durch TENS bei Long COVID?

Wie bereits erwähnt, wird Long COVID mit einer Dysregulation des autonomen Nervensystems in Verbindung gebracht. Die Stimulation des Vagusnervs kann dazu beitragen, die Aktivität dieses Teils des Nervensystems zu modulieren. Darüber hinaus spielt der Vagusnerv eine Rolle bei der Regulierung von Entzündungen und Immunreaktionen, was die anhaltenden Symptome von Long COVID-Patienten lindern könnte.

Die elektrische Stimulation des Vagusnervs zur Behandlung von Long COVID wird zwar schon seit einiger Zeit diskutiert, doch es gibt bisher nur wenige klinische Beweise. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Spanien zeigte, dass eine Funktionsstörung des Vagusnervs wahrscheinlich zu Long COVID Symptomen beiträgt. In der Studie wurden 30 Long COVID-Patientinnen mit Symptomen, die auf eine Störung des Vagusnervs hindeuten, mit 14 Personen verglichen, die sich von COVID-19 vollständig erholt hatten, und mit 16 weiteren Personen, die nie mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Die Studie ergab, dass bei den Ultraschalluntersuchungen des Halses von Teilnehmenden mit Long COVID eher eine Verdickung des Vagusnervs und ein hyperechogener Vagusnerv (erscheint heller als das umgebende Gewebe im Ultraschall, was darauf hindeutet, dass das Gewebe dichter ist) zu erkennen waren.

Bisher wurden nur eine Studie mit Ergebnissen zur elektronischen Vagusnervstimulation als Behandlung von Long COVID veröffentlicht. Die US-amerikanische Studie untersuchte 12 Personen, die eine überwachte, zu Hause selbst angewendete transkutane aurikuläre Vagusnervstimulation (taVNS, Stimulation durch die Haut (transkutan) über das Ohr (aurikulär)) zur Behandlung von Long COVID-Symptomen durchführten. Sechs Teilnehmende erhielten nach dem Zufallsprinzip eine aktive taVNS, während die übrigen eine Scheinbehandlung erhielten (siehe Infobox). Die Behandlung schien sicher zu sein, die Wirksamkeit konnte jedoch aufgrund der geringen Zahl der Teilnehmenden nicht bestimmt werden. Die Autoren berichteten über einen kleinen Trend, der darauf hindeutet, dass die Behandlung von Nutzen gewesen sein könnte.

Einige kleinere Studien (Laura Uehara et al., Carlos Tornero et al., Claire-Marie Rangon et al.) haben die Vagusnervstimulation bei akuter COVID-19 untersucht. Die Studien haben gezeigt, dass die Behandlung sicher ist und einen gewissen Nutzen für den kurzfristigen Ausgang der akuten Infektion verspricht.

 

Was sind mögliche Risiken für Long COVID Betroffene?

Das Ansprechen auf Massnahmen wie die Stimulation des Vagusnervs kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Long COVID Betroffene können ein unterschiedliches Symptomprofil aufweisen, und was bei der einen Person wirkt, muss nicht unbedingt auch bei anderen funktionieren.

Dennoch deuten die derzeitigen Erkenntnisse darauf hin, dass die Behandlung sicher ist, auch wenn ihre Wirksamkeit noch nicht nachgewiesen ist. Es ist wichtig, dass Sie mögliche Nebenwirkungen, die auf Ihrem individuellen Gesundheitszustand beruhen, mit medizinischem Fachpersonal besprechen.

Da Long COVID Betroffene besonders empfindlich auf stimulierende Behandlungen reagieren können, ist es wichtig, mit einer sehr niedrigen Dosis zu beginnen. Anbieter von TENS-Geräten empfehlen häufig 30-60 Minuten pro Tag. Diese Empfehlungen sind NICHT direkt auf Long COVID Betroffene übertragbar! Wenn Sie die Vagusnervstimulation ausprobieren möchten, besprechen Sie bitte mit einem Arzt, welche Intensität und Dauer für Sie geeignet sein könnte. Um die Sicherheit zu erhöhen, ist es besser, mit einer sehr niedrigen Intensität und Dauer zu beginnen. Wenn Sie keine negativen Nebenwirkungen verspüren, können Sie die Intensität oder Dauer langsam erhöhen.

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