Aus unserer Community: Apherese gegen Long COVID

Aus unserer Community: Apherese gegen Long COVID

Während die Suche nach einer kurativen Therapie weitergeht, werden Verfahren untersucht, die Patienten mit anderen Erkrankungen helfen und in einem plausiblen Zusammenhang mit Long COVID stehen. In letzter Zeit hat die Apherese viel Aufmerksamkeit erregt. Wir untersuchen die aktuellen Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Sicherheit dieser potenziellen Behandlung für Long COVID.

In der Blog-Kategorie "Aus unserer Community" wollen wir Behandlungen ansprechen, die von Long COVID Betroffenen und Gesundheitsfachpersonen kontrovers diskutiert werden. Im Altea-Forum, in Stories und in Diskussionen mit Betroffenen, haben wir eine Reihe von Behandlungsvorschlägen gesehen, die (noch) nicht offiziell empfohlen werden. Um die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Behandlungen beurteilen zu können, schauen wir uns die Wissenschaft dahinter an. Unser Ziel ist es, einen Überblick über die verfügbare Evidenz zu geben, zu bewerten, ob die vorhandenen Daten zuverlässig sind oder nicht, und zusammenzufassen, welche Risiken mit diesen Behandlungen verbunden sein könnten. Heute wollen wir uns mit der Apherese befassen.

Die Apherese, manchmal auch "Blutwäsche" genannt, ist ein teures, invasives medizinisches Verfahren, bei dem eine oder mehrere spezifische Komponenten aus dem Blut eines Patienten entfernt werden und das verbleibende Blut dem Patienten zurückgegeben wird. Ursprünglich wurde es für die Behandlung von Patientinnen mit sehr hohen "schlechten" Cholesterin-Werten entwickelt, welche auf andere Therapien nicht ansprachen. Die Apherese hat aber noch weitere positive Anwendungsmöglichkeiten, wie z. B. die Entfernung von Entzündungsmolekülen (Zytokinen), Autoantikörpern und Blut-Gerinnungsfaktoren. Da diese Faktoren bei Long COVID eine Rolle spielen könnten (wie in einem vorherigen Blog gezeigt), kam die Idee auf, dass die Apherese zur Behandlung von Long COVID eingesetzt werden könnte.

 

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Überblick über das Verfahren

 

Keine Korrelation zwischen Autoantikörpern und Long COVID-Fatigue

In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob sich die Symptome bei Patientinnen mit Long COVID verbessern, wenn die Spiegel von Autoantikörpern, Lipiden, Gerinnungsfaktoren und Entzündungszytokinen gesenkt werden. Insgesamt 27 Patienten (14 Männer und 13 Frauen) aus Kliniken in Deutschland und der Schweiz, die unter Long COVID mit Fatigue litten, unterzogen sich einer INUSpherese, einer Form der therapeutischen Apherese, bei der diese Moleküle aus dem Blut entfernt werden. Vor und nach dem Verfahren wurde den Patientinnen Blut abgenommen, um diese Biomarker zu messen.

Bei den 27 Patienten, die alle nach zwei Apherese-Zyklen über eine Verbesserung berichteten, beobachteten die Forscherinnen deutlich niedrigere Werte aller ausgewählten Autoantikörper, Entzündungsmarker, Gerinnungsfaktoren und Lipide, sowie von Wasserstoffperoxid, welches als Marker für oxidativen Stress gilt. Diese Ergebnisse waren zu erwarten, da bekannt ist, dass die Apherese diese Moleküle erfolgreich aus dem Blut entfernt. Auffallend ist, dass in die Studie nur Patienten einbezogen wurden, bei denen eine Verbesserung eintrat; ein Vergleich mit einer Kontrollgruppe oder mit Patientinnen, die nach der Apherese noch Symptome hatten, ist daher nicht möglich.

 

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Erster Teil der Studie: Verbesserung durch INUSpherese

 

In einer weiteren Analyse von 123 Patientinnen mit Fatigue-Symptomen wurde untersucht, ob ihre Fatigue tatsächlich mit höheren Werten vier spezifischer Antikörper zusammenhängt. Die Studie konnte keine Korrelation zwischen der Schwere der Fatigue und erhöhten Antikörpern in dieser Patientengruppe nachweisen. Das bedeutet, dass einige Patientinnen mit sehr hohen Antikörperspiegeln nur leichte Symptome hatten, während andere mit normalen Antikörperspiegeln sehr krank waren.

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Studie nicht als randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt wurde, was eine moderne wissenschaftliche Methode zur strengen Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit von Behandlungen ist (wie von Altea erklärt). Obwohl die Studienautoren argumentieren, dass solche Studien bei invasiven Verfahren (z. B. Apherese) ethisch problematisch und zeitaufwändig sind, stellen gut konzipierte klinische Studien derzeit den Goldstandard für die Erbringung hochwertiger Nachweise dar. Anekdotische Berichte und persönliche Erfahrungen sind unzuverlässige Beweise, vor allem wenn die genauen Mechanismen der Behandlung nicht vollständig verstanden werden.

 

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Zweiter Teil der Studie: Korrelation zwischen Antikörperspiegeln und Symptomen.

 

Die Apherese ist als Behandlung für Long COVID nicht belegt

In einem weiteren Artikel, der vor etwa einem Jahr veröffentlicht wurde, argumentiert die Leiterin einer der Kliniken in Deutschland, die diese Behandlung anbieten, zusammen mit ihren Kollegen, dass Long COVID-Patienten theoretisch von der Heparin-induzierten Extrakorporalen LDL/Fibrinogen-Präzipitation (H.E.L.P.) Apherese profitieren könnten. Dabei handelt es sich um eine Art der Apherese, bei der Lipoproteine, Fibrinogen (ein Gerinnungsfaktor), Entzündungsmoleküle und einige andere Verbindungen, die am Fortschreiten von Atherosklerose (Fettablagerungen in den Arterien) beteiligt sind, abgebaut werden. Die Therapie wird seit 38 Jahren klinisch angewandt. Sie wurde bei einem breiten Spektrum von Krankheiten eingesetzt und kann sicher mit verschiedenen Medikamenten kombiniert werden.

Auf Grundlage dieser Daten denken die Autorinnen, dass die H.E.L.P.-Apherese auch bei Patienten mit Long COVID das Potenzial hat, erhebliche Mengen an Fibrinogen, entzündlichen Zytokinen und Autoantikörpern, sowie das SARS-CoV-2-Spike-Protein zu entfernen. Sie legen jedoch keine Ergebnisse aus gut konzipierten klinischen Studien vor, um diese Vermutung zu untermauern, sondern lediglich ihre anekdotischen Erfahrungen mit Long COVID-Patientinnen in der klinischen Praxis.

 

Die Apherese ist im Allgemeinen eine sichere Methode

Die therapeutische Apherese wird seit vielen Jahrzehnten angewandt und gilt als sicher. Allerdings handelt es sich um ein invasives Verfahren, bei dem - wenn auch selten - Komplikationen auftreten können. Bei den Patienten können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Müdigkeit, Erbrechen, Brustschmerzen und niedriger Blutdruck auftreten. Ausserdem kann die Verwendung von Antikoagulanzien (Substanzen, die die Blutgerinnung während des Eingriffs verhindern) das Risiko von Blutungen, einschliesslich Hirnblutungen, erhöhen und sollte nur unter klinischer Aufsicht erfolgen. Zusätzlich sollten die Patientinnen nach der Apherese eine Zeit lang nachbeobachtet werden.

Eine weitere Herausforderung für Patienten mit Fatigue und eingeschränkter Energie ist, dass jede Apherese-Behandlung mindestens zwei Stunden dauert. Die Therapie ist zudem sehr teuer und kann mehrere tausend Franken pro Sitzung kosten, was von den Krankenkassen nicht übernommen wird. Dies liegt daran, dass die Apherese aufgrund fehlender Beweise aus klinischen Studien von der Swissmedic nicht für die Behandlung von Long COVID zugelassen ist.

Da die Apherese schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann und eine finanzielle Belastung für Betroffene darstellen kann, die aufgrund ihrer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit bereits finanziell angeschlagen sind, sollte die Entscheidung gut überlegt sein. Wir empfehlen eine gründliche Planung mit dem medizinischen Fachpersonal und raten dazu, eine zweite Meinung einzuholen, bevor Sie sich für diese Behandlung entscheiden.

Was ist der Unterschied zwischen Apherese und Dialyse?
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