Long COVID bleibt für viele Betroffene eine große Herausforderung – besonders, wenn die Beschwerden lange nach der akuten Infektion bestehen bleiben. Im Editorial von Puhan und Dalla Lana (2025) im European Respiratory Journal werden die Ergebnisse einer wichtigen neuen Studie vorgestellt und diskutiert: Bei Betroffenen ohne ausgeprägte PEM kann Rehabilitation auch mehr als ein Jahr nach COVID-19 noch wirksam und sicher sein.
Was wurde untersucht?
Im Mittelpunkt steht die PHOSP-R-Studie, eine randomisierte kontrollierte Studie, die zwei Formen der Rehabilitation – Präsenz (in der Klinik) und Fernrehabilitation (zu Hause) – mit der üblichen Versorgung verglich. Teilgenommen haben Patient:innen, die wegen COVID-19 im Krankenhaus waren und auch nach mehr als einem Jahr noch unter Long COVID litten.
Die wichtigsten Ergebnisse
Körperliche Leistungsfähigkeit: Die Präsenzrehabilitation verbesserte die Gehstrecke im „incremental shuttle walk test“ um durchschnittlich 52 Meter gegenüber der Kontrollgruppe – ein Wert, der deutlich über der klinisch relevanten Schwelle für chronische Lungenerkrankungen liegt. Auch die Fernrehabilitation zeigte einen positiven, wenn auch etwas geringeren Effekt (34 Meter).
Muskelkraft und Immunmarker: Es gab Hinweise auf Verbesserungen der Muskelkraft. Außerdem stieg bei einigen Teilnehmenden die Zahl bestimmter Immunzellen (naive und Gedächtnis-CD8+ T-Zellen) nach Präsenzrehabilitation an – ein bekannter Effekt von Bewegung, dessen Bedeutung für Long COVID aber noch genauer erforscht werden muss.
Patientenberichtete Endpunkte: Die meisten patientenberichteten Ergebnisse (wie Lebensqualität oder Fatigue) verbesserten sich nicht signifikant. Mögliche Gründe: Es wurden eher allgemeine Fragebögen genutzt, und viele Teilnehmende befanden sich bereits in einer sehr chronischen Phase, in der Veränderungen schwerer zu erreichen sind.
Sicherheit: Die Rehabilitation war sicher – keine besonderen Risiken oder Nebenwirkungen wurden beobachtet. Das entspricht den Erfahrungen aus der Rehabilitation bei anderen chronischen Erkrankungen.
Wichtig: Ausgeschlossen waren Patient:innen mit moderater bis schwerer post-exertionaler Malaise (PEM), also mit starker Symptomverschlechterung nach Belastung. Die Ergebnisse gelten daher vor allem für Long-COVID-Betroffene ohne PEM. Gerade für Menschen mit PEM braucht es noch mehr Forschung und individuell angepasste Rehabilitationspläne.
Strukturierte Planung: Der 5-Phasen-Plan
Altea entwickelte für die Rehabilitation bei Long COVID einen strukturierten 5-Phasen-Plan („Back to Sport“):
Phasen 1–2: Alltagsaktivitäten und leichtes Bewegungstraining, mit besonderem Augenmerk auf „Pacing“ – also das sorgfältige Einteilen der Kräfte.
Phasen 3–5: Stufenweise Steigerung von Ausdauer- und Krafttraining, immer erst nach mindestens sieben Tagen ohne Rückschritte oder neue Symptome.
WICHTIG: Rehabilitation muss immer an den individuellen Zustand der betroffenen Person angepasst werden. Belastungsgrenzen dürfen nicht überschritten werden, da sonst ein Crash droht. «Pacing» nimmt auch hier eine Schlüsselfunktion ein.
Ambulant statt stationär: Da der Aufbau Zeit braucht, ist eine ambulante Rehabilitation oft besser geeignet als ein kurzer stationärer Aufenthalt.
Fazit
Die PHOSP-R-Studie zeigt: Auch mehr als ein Jahr nach einer schweren COVID-19-Erkrankung kann gezielte Rehabilitation die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern – sicher und effektiv, solange keine PEM vorliegt. Für die Rehabilitation bei Long COVID ist eine individuelle, strukturierte und geduldige Herangehensweise entscheidend. Für Menschen mit PEM bleibt die Herausforderung bestehen, passende und sichere Trainingskonzepte zu entwickeln.