Wenn sich der Autofan wegen Long COVID nicht mehr auf die Strasse traut

Wenn sich der Autofan wegen Long COVID nicht mehr auf die Strasse traut

Drei Kilometer mit dem Auto sind ihm zu weit – und ob er die Zähne schon geputzt hat, vergisst er regelmässig. Die Geschichte von Ramon Crosina mit Long COVID.

Das Leben des 20-jährigen Ramon Crosina verlief bis letzten Winter in den sprichwörtlichen geordneten Bahnen: in seiner Ausbildung als Automechatroniker konnte er Beruf und Leidenschaft für Autos ideal verbinden, die Freizeit verbrachte er mit Freundin und Freunden. 

Achterbahn der Symptome 

Der positive PCR-Test veränderte Ramons Leben abrupt: er war an COVID-19 erkrankt. Anfangs hatte er eher milde Beschwerden. «Mit Corona begann bei mir ein Auf und Ab der Symptome. Hatte ich einmal Fieber, konnte es sein, dass es nach einer Stunde verschwand, um von Kopfschmerzen und Husten ersetzt zu werden», erzählt Ramon. Während acht Tagen wechselten sich verschiedene Symptome teilweise im Stundentakt ab.

«Meine Familie und meine Freunde stehen zu mir und geben mir Halt, soweit sie können.»

Nach seiner Erkrankung fühlte sich Ramon vier Tage lang gesund. Dann begannen die ersten Zeichen der langfristigen Folgen von COVID-19 einzusetzen. Ramon erinnert sich: «Anfangs arbeitete ich noch zu 50% in meinem Betrieb, aber spätestens am Mittag musste ich nach Hause, um mich hinzulegen und zu schlafen.» Bald erschienen einige Zeichen von Long COVID: ungewöhnlich starke Erschöpfungszustände, Kurzatmigkeit, Brainfog und extreme Muskelschmerzen. 

Noch wenige Wochen vorher hatte Ramon Crosina bei der militärischen Aushebung problemlos das Sportabzeichen erhalten, jetzt brachte ihn ein Spaziergang von 500 Metern an die Belastungsgrenze. Wen wundert’s, dass Ramon zwischenzeitlich sogar eine leichte Depression und Panikattacken entwickelte. Die Reihe von Symptomen, unter denen Ramon litt, wuchs stetig: Hals- und Kopfschmerzen, Muskelzuckungen, schwankender Blutdruck, Schlafprobleme.

Sportlicher Typ: Vor seiner Erkrankung bewegte sich Ramon Crosina viel und gerne. (Bild: privat)

«Der eine oder andere aus meinem Umfeld hatte Mühe, mich zu verstehen und zu akzeptieren, was ich durchmache. Aber meine Familie und meine Freunde stehen zu mir und geben mir Halt, soweit sie können», sagt Ramon. Ganz besonders ist er dankbar, dass er zuhause bei seinen Eltern wohnen darf, denn an Einkaufen und Taschenschleppen ist momentan nicht zu denken. 

Spezial-Sprechstunde in Chur 

Ramons Hausarzt hatte ebenfalls viel Verständnis, gelangte aber bald an die Grenzen seiner Möglichkeiten und verwies ihn an die Long-COVID-Sprechstunde von Gregory Fretz am Kantonsspital Chur. Dort absolvierte Ramon zahlreiche Tests und Untersuchungen – mit dem Resultat, dass er «schulmedizinisch gesund» sei. Somit waren COVID-unabhängige Ursachen ausgeschlossen. Dr. Fretz setzte danach alle Hebel in Bewegung, um Ramon Crosina zu helfen und erreichte, dass er für eine Kur in die Clinica Curativa in Scuol eingewiesen wurde.

«Ich tröste mich mit dem Wissen, dass ich wieder gesund werde, auch wenn es noch lange gehen kann.»

«Habe ich die Zähne schon geputzt?» 

Denn es war offensichtlich, dass Ramon nicht gesund war. Zuletzt wurde eine schwere Abrufstörung diagnostiziert. «Manchmal kann ich mich an die einfachsten Dinge nicht mehr erinnern – zum Beispiel, ob ich schon die Zähne geputzt habe», erzählt Ramon. 

Trendwende eingeleitet 

Akupunktur und chinesische Kräuter haben eine erste Linderung der Symptome gebracht. Ramon ist nicht geheilt – «aber ich fühle mich endlich wieder auf dem aufsteigenden Ast», sagt er. Und er freut sich auf den Aufenthalt in Scuol, von dem er sich ebenfalls einiges verspricht.