Reinfektionen: Sich schützen ja, Panik nein.

Reinfektionen: Sich schützen ja, Panik nein.

Reinfektionen sind derzeit ein heisses Thema. Altea wirft einen Blick auf derzeit verfügbare Studien.

Mit den erneut steigenden Infektionszahlen in der Schweiz kommt auch die Frage nach den Folgen einer Reinfektion auf. Ein kürzlich veröffentlichter Preprint aus den USA lässt die Alarmglocken erstmal höherschlagen. Sie zeigt nämlich, dass das Risiko für Langzeitfolgen nach einer Covid-19-Infektion mit der Anzahl Infektionen steigt. Auch das Risiko für eine Hospitalisierung und die Sterblichkeit waren höher als bei der Kontrollgruppe. Der

Heute, nach all den Delta- und Omikron-Infektionen, sowie mit den Booster-Impfungen, sieht die Situation vermutlich anders aus.

Daten nur bis September 2021

Die Studie bedient sich den Daten aus dem National Healthcare Databases of the US Department of Veterans Affairs. Mit über 5 Millionen Personen – davon etwas mehr als 250'000 mit einer Coronainfektion und fast 40'000 mit einer Reinfektion – kann die Studie somit auf eine sehr grosse Datenmenge zurückgreifen. Nichtsdestotrotz sind dies Routinedaten und keine Patient Reported Outcomes. Es ist somit schwierig, deren Qualität zu überprüfen

Hinzu kommt, dass die Situation heute – nach all den Delta- und Omikron-Infektionen, sowie mit den Booster-Impfungen – vermutlich anders aussieht. Denn die Daten des Preprints bilden die Entwicklungen nur bis September 2021 ab und dürften mittlerweile überholt sein. Ob erneute Infektionen schwere langfristige Folgen haben, wissen wir heute noch nicht.

80% der Befragten berichteten über eine Verschlimmerung der Long-COVID-Symptome.

Tendenz: Verschlimmerung von Long COVID durch Reinfektion

Betrachtet man Personen, die bereits unter Long COVID leiden, lässt sich tendenziell eher eine Verschlechterung der Situation feststellen. Dies fusst auf einer Umfrage, die von Long COVID Kids , die unter Long-COVID-Betroffenen in 30 Ländern zwischen dem 4. April 2022 und dem 19. Juni 2022 durchgeführt wurde. Sie umfasst die Antworten von 484 Erwachsenen und 112 Kindern mit mindestens zwei Coronainfektionen. Die Ergebnisse waren bei Erwachsenen und jüngeren Personen ähnlich. Es ist allerdings vorwegzunehmen, dass es sich um eine relativ kleine Datenmenge handelt, die auf Selbsteinschätzungen beruht.

Bei 89% der Befragten traten die Langzeitfolgen nach der ersten Infektion auf, bei 10% nach der zweiten und bei 1% nach der dritten Infektion. Die meisten Personen, die zum Zeitpunkt der Reinfektion noch Long-COVID-Symptome hatten, berichteten über deren Verschlimmerung. Relativ gesehen waren es 80%, bei denen sich die Symptome verschlechterten. Hingegen gaben 10% an, dass sich die Symptome verbesserten. Von den Personen, bei denen Long COVID abgeklungen war, berichteten 60% über ein Wiederauftreten der Symptome nach der Reinfektion. Den Forschenden zufolge ist dies eine der ersten veröffentlichten Studien über die Auswirkungen einer Reinfektion auf Long COVID, und ihre Ergebnisse zeigen, dass weitere Untersuchungen notwendig sind.

Ob eine Booster-Impfung für Long-COVID-Betroffene Sinn macht, sollte individuell geprüft werden.

Kombination aus Impfung und Infektion schützt am besten

Im Zusammenhang mit Reinfektionen stellt sich auch die Frage, welche Rolle die Immunität spielt und inwiefern Antikörper früherer Varianten, die Impfung oder deren Kombination (hybride Immunität) einen Schutz bieten. Dies untersucht das Schweizer Forschungsprogramm Corona Immunitas. In der 6. Testphase des Projekts wurden insgesamt 2’553 Teilnehmende untersucht, davon 739 aus dem Tessin, 850 aus der Waadt und 964 aus Zürich.

Grundsätzlich sieht man in allen Landesregionen der Schweiz eine sehr hohe Immunität. Gemäss der Studie lag sie im Juni/Juli 2022 bei 97% über alle Altersgruppen hinweg. Mindestens 51% der Teilnehmenden haben eine sogenannte hybride Immunität entwickelt. Dies bedeutet, dass sie sowohl mindestens einmal mit dem Coronavirus infiziert waren als auch geimpft sind. Stand heute geht man davon aus, dass diese Personen am besten vor einer schweren Erkrankung geschützt sind. Man sieht auch, dass Antikörper variantenunabhängig einen Schutz bieten, also eine sogenannte Kreuzimmunität besteht.

Impfempfehlungen sind individuell zu prüfen

Diese Resultate zeigen, dass die Pandemie in eine Endemie übergegangen ist. Dennoch ist es wichtig, sich mit individuellen Massnahmen weiterhin zu schützen. Für besonders gefährdete Personen wird ausserdem die Impfung nach wie vor empfohlen. Vor allem deshalb, weil die (Booster-) Impfung schwere Verläufe sowie auch Long COVID reduziert. Ob eine Impfung dann sinnvoll ist, wenn Long COVID bereits besteht, kann nicht pauschal beantwortet werden. Hier muss die individuelle Impf- und natürliche Infektionsgeschichte sowie auch das Risiko für einen schweren Verlauf berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich, dies mit einem Spezialisten (Hausarzt, Infektiologe, Immunologe, spezialisierter Internist) anzuschauen.